Wenn der ,,Essotiger" in die Schule kommt
Mobbing und Übergewicht können jeden betreffen.
Davon handelt eine Inszenierung des Landestheaters Detmold, die sich die Klasse 6d am Dienstag, 30.09.2014 direkt in ihren Klassenraum bestellt hat: Das Stück „Der Essotiger" erzählt von einem fettleibigen Jungen, der viele Probleme in seiner Familie hat.
Wie fühlt es sich an, schon als Junge sehr dick zu sein, wenn man von seiner Umgebung nur abschätzig angeguckt wird und die Familie in Trümmern liegt? Der Schauspieler Adrian Thomser verkörpert genauso einen Jungen in dem Klassenzimmer-Stück „Der Essotiger".
Ächzend und außer Atem stürmt der Essotiger in den Klassenraum, er reißt den Plüschtigerkopf seines Ganzkörperkostüms herunter und kann kaum Luft holen. Als Zuschauer weiß man schon jetzt nicht, ob man Mitleid mit dem Jungen haben oder lachen soll.
Die Schülerinnen und Schüler werden von Anfang an mit gezielten Fragen in das Geschehen eingebunden, die Atmosphäre ist sehr locker. Aufgrund seines Gewichtes schwitzt der Junge immer sehr stark und wird angewidert angeschaut, so vor allem auch im Sportunterricht: „In Basketball bin ich richtig gut. Wenn ich den Ball bekomme, dann mache ich auch einen Korb, weil die anderen sich nicht trauen, mich anzufassen", erzählt er mit viel Selbstironie, und macht die Mimik und Gestik seiner angeekelten Mitschüler nach.
Lachend berichtet er von seinem Versuch, zu fasten und der Hungersqual, unter der manche religiösen Menschen sogar behaupten würden, eine Gotteserscheinung zu sehen. Darüber witzelt er mit viel schauspielerischem Talent: „Wenn Gott ein Cheeseburger mit Pommes und Majo ist, dann habe ich ihn alle zehn Minuten vor meinem inneren Auge gesehen." Sogar in einer Selbsthilfegruppe sei er gewesen: „Ich dachte, das wär wie eine Singlebörse für Dicke, aber da habe ich mich getäuscht, denn auch Dicke wollen keine Beziehung zu Dicken", erzählt er lachend.
Im charmanten und witzigen Detail berichtet er, wie „der Süchtige" aus ihm spricht und wie er versucht, dagegen anzukämpfen, um dann doch nachzugeben. Angefangen hat das, als seine Oma gestorben und die Familie auseinander gegangen ist, denn seine getrennt lebenden Eltern kümmern sich kaum um ihn.
Adrian Thomser überzeugt in der Rolle des dicken Jungen mit viel Charme, Selbstironie und lustiger Gestik und Mimik. Er zeigt, wie er sich in seine Mitmenschen versetzt. Erst das verleiht seiner Figur die gewisse Sympathie, die die Zuschauer brauchen, um mit ihm gemeinsam vor allem über sein Gewichtsproblem lachen zu können, ohne Mitleid zu haben. Dennoch regt das Stück auch sehr zum Nachdenken an.
Eine gelungene Inszenierung mit überzeugendem Schauspieltalent und ausdrucksstarker Mimik auf Seiten von Adrian Thomser, dessen witzigen Charme die Schülerinnen und Schüler der Klasse 6d während des Stückes mit viel Gelächter und langem Beifall am Ende würdigten.
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